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Old time country blues
Der Ursprung von Rockabilly und R&B

Vielen Rock & Roll- und Blues Fans ist zwar bekannt, dass die Wurzeln dieser Stilarten im sogenannten Country blues liegen, einige werden sogar wissen, dass dieser oder jener Titel von Elvis oder Carl Perkins  eine Coverversion ist, noch weniger Personen werden  mit den Namen, die die Plattenfirmen als Autor angeben überhaupt etwas verbinden können und kaum jemand hat diese Originalversionen jemals gehört. Diese Website soll durch Information in Form von Text und Ton etwas Licht in dieses Dunkel bringen.

Ich habe mich auf bekannte Lieder, d.h. häufig gecoverte, oder bekannte Interpreten der Hochzeit des R&B und Rock & Roll konzentriert, da ich wohl sonst leicht den Überblick   verlieren würde. Abgesehen von reinen Coverversionen gibt es viele Titel, die zwar einen nur ähnlichen oder völlig anderen Text haben, aber von Melodie und Harmonie sehr stark einander gleichen. Dieses Phänomen geschieht natürlich nicht nur zwischen den Stilen Country blues und , z.B. Rockabilly, sondern auch innerhalb dieser Musikstile.

Kokomo Arnold

Der "Original old Kokomo" vom Slide-Gitarristen Kokomo Arnold (1901-1968) aus dem Jahr 1934 war offensichtlich die Vorlage für Robert Johnson`s "Sweet home Chicago", das dieser nur wenige Jahre später aufgenommen hat.

Robert Johnson

Wie jeder Rock & Roller irgendwann einmal Chuck Berry`s "Johnny B. Goode" in seiner Laufbahn aufgenommen hat, so häufig ist dieser Blues aus der Feder  Robert Johnson`s (1911- 1938) interpretiert worden.

Das wohl bekannteste Stück, das Kokomo Arnold geschrieben hat, ist der "Milk cow blues". Eddie Cochran, Ricky Nelson und natürlich Elvis (bei Sun records) haben dieses Lied z.T. unter dem Titel "Milk cow blues boogie" aufgenommen. Kokomo Arnold hat für einen Slide - Gitarristen einen ungewöhnlichen Stil, der zum einem vielleicht seiner Linkshändigkeit zugeschrieben werden kann, hauptsächlich aber dadurch entsteht, dass er einerseits im Gegensatz zum Gros der anderen Bottleneck - Gitarristen die Gitarre eher wie ein Steel - Gitarrist, d.h. im Sitzen (oder Stehen) spielt und sie wie ein Tablett auf dem Schoss hat, deshalb  nicht mit den Fingern seiner rechten Hand  greifen kann und so ausschließlich mit dem slide spielt. Andererseits spielt er häufig in der offenen A- (bei "Original old Kokomo") oder G-Dur Stimmung (bei "Milk cow) -im Prinzip handelt es sich bei diesen beiden Stimmungen um eine, da das Verhältnis der Saiten untereinander gleich bleibt und sich lediglich die Tonhöhe ändert; allerdings stehen beide Songs in C-Dur, bzw. B-Dur(3.Lage)  was erlaubt die Glisssandi bei der Tonika auch in den tieferen Lagen zu nutzen und nicht erst im 12.Bund.Obwohl "Milk cow" Arnold`s bekanntester Titel war und für ihn selbst ein gewisser  kommerzieller Erfolg gewesen sein muss ( er hat mindestens noch drei nachfolgende Parts auf Schellack gebracht), ist es für mich nicht sein bester. Sein Gitarrenstil ist eher für ein Zusammenspiel mit einer Band oder einem Pianisten geeignet, so dass diese Solostücke, wenn man einige davon hintereinander hört, zu wenig Abwechslung bieten. Meiner Meinung hat Elvis Presley dieses Stück erst zum Standard  und zu etwas völlig Eigenem, Besserem  gemacht, von dem sich  nachfolgende Rock & Roller inspirieren ließen. Mein Lieblingsstück von Kokomo Arnold ist "Shake that thing" (mit Peetie Wheatstraw [1901-1941] am Piano).

© copyright 2003 Frank Matthias

"Matchbox" wird im Allgemeinen für ein Stück von Carl Perkins (1932 - 1998) gehalten, was nur zum Teil richtig ist, denn mit gleichem Recht müsste man dann "Milk cow blues boogie" als ein Elvis-Original bezeichnen.

Carl Perkins

Zumindest war der "Matchbox blues"    von Lemon Jefferson für Carl Perkins der Ausgangspunkt für sein Lied "Matchbox".

Lemon Jefferson stammte aus Texas, wo er im Jahre 1897 geboren wurde, war Gitarrist und Songschreiber und nahm von 1926 bis zu seinem Tod im Jahr 1929 oder 1930 sehr viele Titel auf, die kommerziell als sogenannte "race records" sehr erfolgreich liefen. Er spielte mit dem Plektrum (wie bei "Matchbox"), beherrschte aber auch pickings. In "Matchbox" spielte er z.B. eine für Rock & Roll typische Walking bass line. Jefferson`s Platten oder Zylindertonträger erfreuten sich so großer Beliebtheit, dass er mit dem Verfassen von Songs kaum hinterher kam und sogar die Titel anderer Musiker gegen ein Entgelt kaufte und als seine eigenen aufnahm. Anscheinend war er ein recht erfolgreicher Geschäftsmann, dennoch kann ich mir kaum vorstellen, dass er irgendwelche Autoren- Tantiemen bekam oder seine Lieder durch ein Copyright geschützt waren.

Blind Lemon Jefferson

Für John Lee Hooker (1917-2001) war Big Joe Williams nicht nur als  Gitarrist ein Einfluss, sondern lieferte diesem gleich zwei Blues, die er im Laufe der Jahrzehnte wieder und wieder für die unterschiedlichsten Labels aufnahm:  "Crawling King snake" und "Baby please don`t go" von 1941. Sowohl und  Hooker als auch Big Joe Williams spielten häufig in der offenen G/A-Dur-Stimmung ohne jedoch einen Bottleneck zu benutzen. Beide Gitarristen sind keine Filigran -Techniker oder benutzen viele Harmonien, sondern gestalten die Lieder durch ihre Rhythmik und Intensität interessant. Abgesehen davon hat John Lee Hooker für mich eine der beeindruckendesten Stimmen überhaupt.

John Lee Hooker

Das meist gecoverte  und bekannteste Stück von Big Joe Williams (1903 - 1982) dürfte "Baby please don`t go" sein.

Big Joe Williams

Es ist nicht nur ein Klassiker des Blues, sondern des Rock & Rolls und sogar Rocks  (Alvin Lee von "Ten years after" verwendet es in "Goin` home"). Muddy Waters hatte den Song ebenfalls in seinem festem Repertoire und als Eddie Cochran (1938- 1960) im September 1958 den Sänger (und Gitarristen) Troyce Key (1937 -1992) produzierte, spielte er bei diesem Titel auch gleich die Leadgitarre.

Diese Aufnahme von 1958 wird Van Morrison nicht unbekannt gewesen sein, als er mit "Them" "Baby please don`t go" einspielte. Eine Besonderheit Joe Williams` ist seine Gitarre: sie hat neun Saiten - die hohen Saiten sind wie bei einer zwölfsaitigen doppelchörig. Am Anfang seiner  Karriere spielte er aber ein gewöhnliches 6-saitiges Instrument. Häufig wurde der Country blues in kleiner Besetzung ( zwei Gitarren oder Gitarre / Mundharmonika) gespielt, aber es gab schon immer größere Gruppen wie Jug-, washboard- oder Stringbands. In den vierziger Jahren ging Williams - ohne seinen eigenen Stil zu verändern - mit Schlagzeug und dem Miterfinder des "Slapping  Bass" Ransom Knowling (1912 - 1967) ins Studio. Mit dabei war auch der Bluesharp - Spieler John Lee Williamson (1914 - 1948)

Sonnyboy Williamson

"Sonnyboy" Williamson war wahrscheinlich der erste Mundharmonika - Spieler, der den "crossed harp style" auf Schellack brachte, obwohl er nicht dessen alleiniger Erfinder ist und z.B. der nicht so bekannte Noah Lewis diese Spielweise schon früher und ebenso technisch versiert benutzte. Bei dieser Spielweise der bluesharp wird auf dem Instrument nicht in der dafür ursprünglichen Tonart gespielt, sondern in der Subdominante; durch diesen Umstand werden die Töne mehr gezogen als geblasen und können eindrucksvoller modelliert werden. Dieser Stil hatte sich so schnell im Blues etabliert, dass er die eigentliche Spielweise der harp nahezu völlig verdrängte. Als Instrumentalist hatte Williamson natürlich eher einen Einfluss auf den Nachkriegsblues - also R&B - als auf den Rock & Roll, aber viele seiner Textzeilen und Melodien fanden sich in Rock & Roll Stücken wieder. Ein Beispiel dafür ist "Good morning little schoolgirl" von seiner ersten Aufnahmesession aus dem Jahr 1937. Neben etlichen relativ unbekannten Rock & Roll Bands, bzw. Beatgruppen der fünfziger und sechziger Jahren spielten u.a. E.Clapton, John Mayall, Muddy Waters,  "Grateful dead"  und die"Yardbirds"  diese Komposition ein. Der mir nicht näher bekannte Komponist H.G. Demarais nahm das Original von 1937 und veränderte es z.T.  in Text und Melodie, verkaufte es als seine Idee, so dass sich einige der vorher erwähnten Musiker eher auf seinen Titel bezogen, da Williamson 10 bis 15 Jahre nach seinem Tod wohl vergessen war.

Memphis Minnie

"Good morning..." diente "Memphis" Minnie Douglas (1897 - 1973) als Vorlage für "Me & my chauffeur", das sie mindestens zweimal einspielte: Ende der dreißiger/ Anfang der vierziger Jahre und für das Chess Label um 1950 mit der Band von Joe Lawlar (1900 - 1961) , die bereits mit E-Gitarren und Drums besetzt war.

Als Chuck Berry (geb. 1926) im März 1960 seine 13. Session für das Chess Label in Chicago erlebte, nahm er neben seinen Originalen wie "Bye, bye Johnny", "Jaguar & Thunderbird" für seine Verhältnisse relativ viele (drei) Fremdkompositionen auf. Die spätere B-Seite von "Jaguar & Thunderbird" "Our little rendezvous" war genau genommen eine schneller gespielte Version von Memphis Minnie`s "Me & my chauffeur" mit einem völlig neuen, aber nicht besonders ausgearbeiteten Text, der die Teenager dieser Zeit ansprechen sollte. Nicht nur ich finde, es gibt  weitaus bessere B-Seiten von Chuck Berry, wenn man bedenkt, dass "Wee wee hours" und "Brown  eyed handsome man" ebenfalls Rückseiten waren.

Chuck Berry

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