Camping in Kladow und Umgebung

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Campingtouristen in Gatow - Kladow

Ein "gewohntes" Tier

Die Familie vor mir spricht englisch miteinander, hinter mir unterhält sich ein älterer Herr mit seiner Frau auf niederländisch. Ein Stück weiter läßt sich eine Frau den Weg erklären und gibt das Gehörte dann auf spanisch (oder portugiesisch) an einen jungen Mann weiter.

Aufgrund des babylonischen Sprachgewirrs um mich herum wähne ich mich beinahe im Urlaub. Erst mein schreiender kleiner Sohn holt mich in die Wirklichkeit zurück, an die Kasse eines Kladower Supermarktes. Wo kommen denn hier im "Dorf" die vielen Touristen her? Sind wir im kleinen Kladow plötzlich Urlaubshochburg und bekommen ein Stückchen vom Berlin- Tourismus- Kuchen ab? Und wo wohnen die "Kladower Touristen"?
Die letzte meiner Fragen beantwortet mir ein Blick ins Zimmerverzeichnis für Kladow: Des Rätsels Lösung sind die beiden Campingplätze, einer in Kladow an der Uferpromenade, einer am Kladower Damm in Hohen Gatow. Im Gegensatz zu Berliner Hotels sind sie trotz des wechselhaften Sommers offensichtlich gut ausgelastet.

 

Ehepaar Jäger aus Bamberg reist seit Jahren immer wieder nach Berlin. Diese Jahr wollen sie für fünf Wochen auf dem Campingplatz am Kladower Damm wohnen. Sie nutzen die bequemen Angebote der BVG.

Die englische Familie mit den zwei Söhnen zeltet in Hohen Gatow. Ich versuche zunächst ein Interview auf Englisch, dann erbarmt sich die Frau meiner und wir reden auf deutsch weiter, sie übersetzt für ihre "Männer". Zum Einkaufen kommen sie nach Kladow hinein geradelt.
Da der Rechtsverkehr in Deutschland für die Söhne sehr ungewohnt ist, gefällt es ihnen sehr gut, dass es einen Radweg an der Havel gibt. Die Mutter kennt ihn schon lange – sie ist geborene Kladowerin. Damit hat sich meine Frage nach dem Beweggrund, ausgerechnet in Kladow zu zelten, weitestgehend erübrigt: Sie machen neben Berlintouren natürlich auch einen Familienbesuch. Der niederländische Herr vor der Supermarktkasse campt mit seiner Frau schon seit mehreren Jahren in Kladow. Allerdings ist es ihr erstes Jahr mit dem Wohnwagen, vorher wohnten auch sie im Zelt. An Kladow haben sie sich als Urlaubsort gewöhnt, sie kennen sich hier einfach schon aus. Und als Camper sei man ja "ein gewohntes Tier, nein wie heißt es doch?" Aber auch Ausflüge nach Berlin wollen sie machen und begeistern sich für den guten öffentlichen Nahverkehr und die schnelle Anbindung an die Stadt. Der S- Bahn- Streik trifft sie zwar auch, aber sie nehmen ihn gelassen, schließlich sind sie ja im Urlaub. Ihnen gefällt die Verbindung zwischen ländlicher Idylle in Kladow und moderner Großstadt Berlin, so dass sie das ruhige Wohnen und pulsierendes Leben in einem Urlaub haben können – also Städtereise und Kleinstadtleben in Einem.

An Kladow vermisst das Ehepaar eigentlich nur Dorf- oder Sommerfeste, quasi das Pendant zur Kirchweih in Bayern oder dem Winzerfest in der Pfalz, und vielleicht noch einen Wochenmarkt.
Die Dame aus Spanien (wir versuchen es auf Französich und Englisch durcheinander miteinander) ist das erste Mal hier, sie kommt auf Empfehlung einer Freundin und findet die Landschaft und die Nähe zum Glienicker See "magnifique"(großartig). Im Hotel in Berlin könne es ja sogar sein, dass sie nicht einmal einen Balkon habe, hier sei gleich ein ganzer See praktisch  Sie wohnt auf dem Kladower Campingplatz und macht vor allem mit dem Auto Ausflüge zu den Berliner und Potsdamer Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel dem Brandenburger Tor oder Schloss Sanssouci.
Sie kauft daher auch nicht regelmäßig in Kladow ein, sondern dort, wo sie der Tagesausflug gerade hingeführt hat. Ihr fehlt in Kladow eigentlich nur ein Tanzlokal zum Ausgehen, damit sie abends nicht erst noch einmal nach Berlin reinfahren muss.
Aber man könne eben nicht Ruhe und Disko auf einmal haben, räumt sie ein.
Diese Verbindung von ruhigem Camping am Stadtrand und einer Art Städtereise nach Berlin macht also den Reiz aus, in Kladow zu "urlauben", bei Wärme und Sonne an die Havel oder den Badesee, bei Regen oder kühlem Wetter nach Berlin fahren zu können.vor der Haustür.

 

Ehepaar Schmidt aus Wupperthal, auch auf dem Gatower Campingplatz, hat soeben einen Ausflug mit der Wannsee-Fähre und Busfahrten hinter sich. Ziel war die Glienicker Brücke.

 Nur der Kontakt zu den Kladowern ist sowohl für das niederländische Paar als auch für die Spanierin sehr selten und flüchtig, sie treffen die „Eingeborenen“ höchstens beim Einkaufen oder als Platzwart des Campingplatzes oder Gastronom der Campingplatzlokalitäten.


 In dieser Hinsicht ist der Campingplatz eine abgeschlossene Welt in sich, wer hier nicht Urlaub macht, betritt in der Regel den Platz überhaupt nicht, auch ich wäre nie auf den Campingplatz gegangen, hätte ich nicht im Dorf die netten Bekanntschaften gemacht. Nur in den Lokalen sei ab und zu ein "scheues Reh" – der gemeine Kladower – auszumachen, sagt man mir, allen Versuchen der Wirte zum Trotz, die tapfer immer wieder versuchen, auch Einheimische anzulocken. Sollte ihnen dies gelingen, wäre das für Urlauber und Kladower eine schöne Abwechslung, denn es ergeben sich sehr nette Gespräche und vielleicht auch der eine oder andere Dauerkontakt?! Das wäre doch wunderbar....

Lena Johanna Boettcher

 Quelle: mit freundlicher Genehmigung aus Imchen Ausgabe Sept.-Nov. 2009

 

 

 

 

 

 

 

   
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